Brigitte Koppenhöfer, ehemalige Richterin und Lehrbeauftragte der Fakultäten für Wirtschaftswissenschaft und Kulturreflexion, berichtet über engagierte Studierende und ihre Rolle bei den Auswahlgesprächen.

Jura betrifft uns alle

Richterin war immer mein Traumjob. Trotzdem beschloss ich vor wenigen Jahren, noch einmal etwas anderes zu machen. Seitdem bin ich als „EU Short-term Expert“ in verschiedenen Ländern tätig: erst in Bulgarien, dann in der Türkei und aktuell im Kosovo. Vor Ort unterstütze ich die Gerichte und Ministerien vor allem in Fragen der Kommunikation zwischen Justiz und Medien. Nach all den dazugehörigen Auslandsaufenthalten freue ich mich jedes Mal aufs Neue, meinem Lehrauftrag in Witten nachzukommen.

Schon wenn ich den Campus betrete, spüre ich eine spezifische Energie, die mich immer wieder herkommen lässt. Eine Energie, die von Studierenden und Lehrenden hier im gemeinsamen Diskurs losgetreten wird und jeden erfasst.

Auch wenn hier auf den ersten Blick sehr unterschiedliche Menschen aufeinandertreffen, so verbindet sie doch alle eine Fähigkeit: Sie sind bereit, jedem zuzuhören und Ideen auf sich wirken zu lassen, mögen sie auch noch so skurril sein. Das hohe Maß an Offenheit gegenüber fremden Standpunkten und das Interesse am Unbekannten sind für mich als Lehrende besonders reizvoll.

Vorträge an der Universität Witten/Herdecke sind besonders

Die Anfänge meines Engagements an der Universität Witten/Herdecke reichen bis in meine aktive Zeit als Richterin zurück. Ich führte große Wirtschaftsstrafverfahren, unter anderem den Mannesmann- und den WestLB-Prozess. Ich halte Vorträge vor ganz unterschiedlichen Zuhörern, aber ich merkte schnell, dass es in Witten etwas Besonderes ist. Hier kommt immer eine Reaktion – sei es von Studierenden oder von Professorinnen und Professoren – und das ist spannend. Diese Diskussionsbereitschaft war es auch, die mich überzeugte, Seminare an der Universität anzubieten.

Die Grundzüge des Rechts kann jeder gebrauchen

Ich schätze es sehr, dass die Universität Witten/Herdecke den Studierenden aller Fakultäten ermöglicht, im Rahmen des Studiums fundamentale interdisziplinäre Seminare zu wählen. Dieses hervorragende Konzept spielt mir in die Karten, da ich den Studierenden das Recht näherbringen und sie dafür begeistern möchte. Jura betrifft uns alle von der Wiege bis zur Bahre, und die Grundzüge des Rechts sollte jeder kennen – unabhängig davon, welchem Fachbereich er oder sie entstammt.

Für mich ist es spannend zu sehen, dass jedes Seminar anders verläuft. Die Studierenden arbeiten in der Regel sehr aktiv mit, geben ihren eigenen Input und je nachdem, wer da ist, variieren die Schwerpunkte und Arbeitsmethoden. So entsteht eine echte Arbeitsgemeinschaft, von der auch ich profitieren und lernen kann.

Optimale Auswahlgespräche

Neben meiner Lehrtätigkeit nehme ich an den Bewerbungsgesprächen der Studierenden in der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft teil. In Kooperation mit den anderen Mitgliedern der sechsköpfigen Auswahlkommission führe ich ausführliche Gespräche mit Bewerberinnen und Bewerbern. Dabei geht es nicht um Tests oder die Abfrage von Wissen. Vielmehr soll im Gespräch festgestellt werden, ob der Bewerber beziehungsweise die Bewerberin zur Universität passt und umgekehrt.

Meiner Meinung nach handelt es sich dabei um die bestmögliche Art, ein solches Auswahlgespräch zu führen. Jeder hat die Chance, an der Universität Witten/Herdecke zu studieren und seine Persönlichkeit einzubringen. Für mich ist das ein schöner Gedanke, denn so weiß ich, dass meine Seminare auch in Zukunft vom Input unterschiedlichster Menschen leben werden.