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Nachricht vom 27.03.2023
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Ai.vatar: Wie ChatGPT, nur mit Kopf und Körper

Projektteam Ai.vatar: (v. l. n. r.) Werner Vogd, Sophia Bermond, Alexandra de Carvalho, Jonathan Harth und Hannah Cramer (Foto UW/H)
Projektteam Ai.vatar: (v. l. n. r.) Werner Vogd, Sophia Bermond, Alexandra de Carvalho, Jonathan Harth und Hannah Cramer (Foto UW/H)
Ai.vatar ‚Hudson‘ als Gesprächspartner in einem virtuellen Café (Grafik: Jonathan Harth)
Ai.vatar ‚Hudson‘ als Gesprächspartner in einem virtuellen Café (Grafik: Jonathan Harth)
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Ai.vatar: Wie ChatGPT, nur mit Kopf und Körper

Forscher:innen der Uni Witten/Herdecke entwickeln intelligente Avatare für virtuelle Realitäten und das Metaverse.

Kommt die Zukunftstechnologie für Künstliche Intelligenz (KI) aus dem Ruhrgebiet? Forscher:innen und Tech-Expert:innen der Universität Witten/Herdecke (UW/H) haben eine verkörperte KI kreiert, die die Fähigkeiten von ChatGPT noch übertrumpft: „Unsere Ai.vatare sind künstlich intelligente Gesprächspartner, die wie ChatGPT Wissen vermitteln und mit Menschen professionell kommunizieren können. Das Besondere ist, dass sie jedoch zusätzlich auch mit Körpersprache im virtuellen Raum interagieren – und somit quasi zu Bewohnern des Metaverse werden können“, so Projektleiter Dr. Jonathan Harth von der UW/H. Metaverse (oder Metaversum) wird als eine virtuelle Realität bezeichnet, in der Menschen miteinander in Kontakt treten können. Es wird als neue Ära im digitalen Zeitalter begriffen, große Tech-Giganten investieren stark in diese Technologie.     

Das Verbundprojekt „Ai.vatar – der virtuelle intelligente Assistent“ hatte von Anfang an das Ziel, künstliche intelligente Avatare für virtuelle und augmentierte Umgebungen zu entwickeln und zu erforschen: „Das Projekt verfolgte das Ziel, sprachbasierte künstliche Intelligenz und virtuelle Avatare zu verbinden. Als wir 2020 mit dem Projekt starteten, gab es kein gut funktionierendes System, das beide Welten integrieren konnte. Unser Ziel war es, genau das zu erreichen“, so Harth weiter.

„Unser Avatar der neusten Technologie war damit geboren. Wir tauften ihn ‚Hudson‘.“

Es ist gelungen und bis heute wohl einzigartig: Laut Harth war es bis vor zwei Jahren weltweit nicht möglich, ein Konversationssystem zu bauen, das über einen längeren Zeitraum logisch zusammenhängende und plausible Dialoge führen kann. Erst die sogenannte Transformer-Technologie, die auch in ChatGPT steckt, machte dies möglich. Ai.vatar geht jedoch noch einen Schritt weiter: Das Ai.vatar-System kann nicht nur schreiben, sondern auch sprechen und gesprochene Sprache verstehen. Zudem ist es in der virtuellen Welt komplett als virtuelle Person verkörpert: „Mit der Anbindung an die GPT-Technologie war unser Ai.vatar der neusten Technologie geboren. Wir tauften ihn ‚Hudson‘ und platzierten ihn als Gesprächspartner in ein virtuelles Café“, so Harth.

Bis heute gibt es dem Wissenschaftler zufolge keinen großen Player in der Tech-Industrie, der eine so umfassende Künstliche Intelligenz anbietet: „Es gibt bislang noch kein etabliertes und robustes System, das das Beste aus allen diesen Technologiesparten bietet, also so gut aussieht, sich so gut bewegt und zudem sowohl sprachbasiert als auch kohärent und plausibel interaktionsfähig ist.“

Die Anwendungsfelder sind vielfältig: Ai.vatar könnte als Tutor:in, Berater:in oder Verkäufer:in beispielsweise in der Wirtschaft oder im Gesundheitssektor eingesetzt werden. Mit dem verkörperten Ai.vatar-System bekommt die Expertise eines ChatGPT eine gänzlich neue soziale Dimension: „Ob ich mit einer KI per Chatfenster schreibe, oder einfach per gesprochener Sprache kommuniziere, macht einen großen Unterschied“, führt Harth aus. Außerdem führe der Umstand, dass die KI einen virtuellen Körper besitzt, zu weiteren sozialen Effekten: es fühlt sich deutlich mehr nach einem echten Gespräch an.

Großer Meilenstein, große Verantwortung

Dieser technologische Meilenstein auf dem Weg in digitale Realität geht mit einer hohen Verantwortung ein: Komplexe KI-Systeme können faszinierend und beängstigend zugleich sein, wie die kontroverse Debatte um ChatGPT zeigt. Deshalb setzte die UW/H parallel zur Entwicklung von Ai.vatar mehrere Studien auf, die sich mit psychologischen, ethischen und sozialen Fragen beschäftigten: Wie begegnen sich Menschen und Künstliche Intelligenzen? Kann es eine Kultur des Umgangs miteinander geben? Welche gegenseitigen Erwartungen haben Mensch und Maschine? Wie kann Ai.vatar nicht nur im Unterhaltungssektor eingesetzt werden, sondern etwa auch im medizinischen Bereich eine Unterstützung sein?

Eine der vielen durchgeführten Studien beschäftigt sich etwa mit der Frage, wie Ai.vatar dabei helfen kann, Vorurteile gegenüber Menschen abzubauen, die an psychischen Krankheiten leiden. „Meine Kollegin Alexandra de Carvalho untersucht in ihren Studien beispielsweise, ob ein Avatar, der schizophrene Merkmale in der Interaktion mit Personen aufweist, Menschen dabei helfen kann, dieses Krankheitsbild besser zu verstehen. Sollte es im realen Leben dann zu einer Begegnung mit einer schizophrenen Person kommen, kann besser darauf reagiert werden, weil die Unkenntnis nicht mehr so groß ist. Unser Verständnis füreinander wächst“, so Harth.  

Nun gilt es, Ai.vatar weiter zu professionalisieren. „Wir werden Ai.vatar im Herbst auf einschlägigen Konferenzen und Messen vorstellen, um mögliche weitere Kooperationen auszuloten, in den Austausch mit anderen Expert:innen zu treten und das Projekt bekannter zu machen. Parallel werden wir daran arbeiten, die Technologie weiter zu optimieren und die Kopplung zwischen der nonverbalen Kommunikation und dem gesprochenen Wort auszubauen. Denn dies ist weiterhin eine große Herausforderung und hochgradig komplex.“

Das Projekt Ai.vatar wurde vom Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen sowie der Europäischen Union für einen Zeitraum von drei Jahren gefördert. Gemeinsam mit zwei Projektpartner:innen aus der Wirtschaft, dem Spezialisten für virtuelle Welten HHVision sowie dem Internet-of-Things-Start-up IOX wurde der technische Zusammenschluss aus einer Spracherkennungssoftware sowie einer Avatar-Technologie im virtuellen Raum an der Universität Witten/Herdecke entworfen und während der Projektlaufzeit erfolgreich umgesetzt.

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