Die Adalbert-Raps-Stiftung fördert das ZNU der Universität Witten/Herdecke für eine Studie zu zentralen Hot Spots der Nachhaltigkeit von ausgewählten Gewürzen und Kräutern.
Ökologische Hot Spots sind vor allem der Pestizid- und Düngemitteleinsatz, während die sozialen Herausforderungen hauptsächlich bei Arbeitssicherheit und –schutz sowie existenzsichernden Löhnen liegen. Von den ökonomischen Themen sind vor allem Produktsicherheit und -qualität sowie die Einhaltung von Gesetzen relevant. Um die wesentlichen Themen für Unternehmen zu operationalisieren, wurden praxisnahe Checklisten erarbeitet.
Die Frage der Nachhaltigkeit unserer Lebensmittel nimmt in der gesellschaftlichen Debatte einen immer größeren Raum ein. Unterstützt wird dies unter anderem durch die Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit den Sustainable Development Goals (SDGs) und die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie. Das Sorgfaltspflichtengesetz rückt Nachhaltigkeit entlang der Wertschöpfungsketten zudem mehr in den Fokus. Gewürze und Kräuter sind jedoch in der aktuellen Diskussion vielfach noch „unter dem Radar“. Auch fehlen wissenschaftliche Daten darüber, welches die wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen für die einzelnen Gewürze sind.
Ziel des Hot Spot Guides Gewürze ist es, einen wissenschaftlich fundierten Einblick und Überblick zu den wesentlichen Nachhaltigkeitsherausforderungen für Gewürze und Kräuter zu geben. Dieser soll zukünftig als neutraler und belastbarer Orientierungspunkt für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Unternehmen der Gewürzbranche, Handel, Politik, Medien und Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) dienen sowie der weiteren interessierten Öffentlichkeit einen verlässlichen Rahmen bieten.
Ergebnis der Studie sind die zentralen sozialen, ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeitsherausforderungen von Chili, Paprika, Pfeffer, Zwiebel und Petersilie. „Die Studienergebnisse zeigen, dass sich die bedeutendsten Nachhaltigkeitsherausforderungen bei allen untersuchten Gewürzen und Kräutern ähneln.“, sagt Dr. Ulrike Eberle, Projektleiterin und Leiterin der Forschung am ZNU sowie Autorin der Studie. „Sowohl Pestizide und Düngemittel als auch Arbeitssicherheit und -schutz sowie existenzsichernde Löhne sind für interne und externe Anspruchsgruppen die wichtigsten Herausforderungen.“
Es zeigt sich jedoch, dass die Wertschöpfungskette je nach Produkt, Erzeugungsland und Zielmarkt sehr unterschiedlich ausgestaltet ist. So werden alle Gewürze und Kräuter sowohl in kleinbäuerlichen als auch größer strukturierten Betrieben erzeugt. Die Nachhaltigkeitsherausforderungen sind jedoch je nach Betriebsgröße unterschiedlich. So wird die Arbeit in kleineren Familienbetrieben unter Beteiligung der ganzen Familie erledigt, während in größeren Betrieben viele Saisonarbeiterinnen und -arbeiter zum Einsatz kommen. Deswegen ist beispielsweise Kinderarbeit insbesondere in kleineren Familienbetrieben ein Problem, während die Einhaltung der Rechte von Wander- und Saisonarbeiterinnen und -arbeitern vor allem in größeren Betrieben zu beachten sind.
Vor allem für Gewürze aus dem globalen Süden gilt, dass die Lieferketten sehr vielschichtig sind und sich in viele Wertschöpfungsschritte aufgliedern. „Es ist wichtig für Unternehmen, die Lieferkette und ihre Zulieferinnen und Zulieferer zu kennen – nur dann haben diese die Möglichkeit, bestehende Nachhaltigkeitsrisiken einzugrenzen.“, sagt Dr. Ulrike Eberle. „Dies trägt durch mehr Transparenz entlang der Lieferkette auch zur menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht bei – eine Anforderung, die heute vor dem Hintergrund des Sorgfaltspflichengesetzes wichtiger denn je ist.“
Um die Herausforderungen der Gewürzbranche herunterzubrechen, wurden Checklisten entwickelt, die Akteurinnen und Akteure dabei unterstützen sollen, Nachhaltigkeits-Hot Spots auch bei anderen Gewürzen oder Lebensmitteln identifizieren zu können. Die Checklisten beinhalten zentrale Fragen zu allen wesentlichen sozialen, ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeitsherausforderungen, die sich zusätzlich nach Relevanz bewerten lassen.
Die Studie basiert auf einer Recherche in deutsch- und englischsprachiger Literatur. Diese wird ergänzt und erweitert durch leitfadengestützte Interviews mit Anspruchsgruppen der Gewürzbranche und eine Online–Umfrage, die im Juni 2018 durchgeführt wurde. Die 19 Interviewpartnerinnen und -partner kommen sowohl aus deutschen als auch aus internationalen Organisationen. Beteiligt waren Vertreterinnen und Vertreter aus Unternehmen der Gewürzbranche (Agrarproduktion, Handel und Verarbeitung) und externe Anspruchsgruppen (Medien, Labeling Organisationen, Initiativen, Fachverbände & Verbraucherorganisationen). An der Online-Umfrage nahmen 71 Personen teil. Nicht alle Teilnehmenden beantworteten alle Fragen, auch aufgrund der spezifischen Fragen zu einzelnen Gewürzen. Das Forschungsprojekt Hot-Spot Guide Gewürze und die dazugehörige Studie wurde von der Adalbert-Raps-Stiftung finanziert.
Die Universität Witten/Herdecke ist durch das NRW-Wissenschaftsministerium staatlich anerkannt und wird – sowohl als Institution wie auch für ihre einzelnen Studiengänge – regelmäßig akkreditiert durch: