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Nachricht vom 24.11.2020
UniversitätWirtschaft und Gesellschaft

II. ZNU-Digitale Nachhaltigkeits-Impulse 2020

II. ZNU-Digitale Nachhaltigkeits-Impulse 2020

II. ZNU-Digitale Nachhaltigkeits-Impulse 2020

II. ZNU-Digitale Nachhaltigkeits-Impulse 2020

Das ZNU - Zentrum für Nachhaltige Unternehmensführung führte die digitalen Online-Sessions zum zweiten Mal durch.

Über 220 Teilnehmende aus Ernährungswirtschaft, Handel, Wissenschaft und Verbänden freuten sich die beiden ZNU-Leiter Christian Geßner und Axel Kölle mit dem gesamten ZNU-Team. Diskutiert wurde zu sechs Top-Themen und deren Implikationen für die deutsche Industrie. Abgeleitet aus dem europäischen Green Deal stehen diese Themen auch im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Arbeiten des ZNU.

Zunächst stand die Geschäftsführerin der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, Stefanie Sabet, Rede und Antwort. „Insbesondere der Aktionsplan Kreislaufwirtschaft und die Farm-to-Fork-Strategie sind neben dem Klimaneutralitätsziel 2050 wichtig für die deutsche Ernährungswirtschaft“, so Sabet im Digital-Impuls zur Bedeutung des EU Green Deal für die Ernährungswirtschaft. Der Klimawandel beeinträchtige die Ertragsgrundlage der Branche, etwa durch extreme Witterung oder auch den Verlust an Biodiversität. Daher sei es notwendig, als Lebensmittelwirtschaft den Green Deal aktiv mit allen Partnern der Wertschöpfungskette mitzugestalten.

In der zweiten Online-Session ging es um das übergeordnete europäische Ziel, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Dabei zeigte Alice Franke auf, wie es Develey Senf & Feinkost inzwischen gelungen ist, alle Senfe unter der Marke Develey klimaneutral zu stellen. Nach dem Erfassen der Emissionen wurden am Standort Unterhaching viele Maßnahmen zum Vermeiden, Minimieren sowie zur Herstellung von eigenem Strom (über Photovoltaik-Anlagen) und letztlich zur Kompensation der unvermeidbaren Emissionen umgesetzt. Diese fundiere Vorgehensweise bildet auch die Basis des ZNU goes Zero-Ansatzes.
    
Dr. Ulrike Eberle und Julius Wenzig aus dem Forschungsbereich des ZNU stellten in der dritten Session die Wichtigkeit der biologischen Vielfalt dar. „Die planetare Grenze ist bei Biodiversität weit überschritten“, so Julius Wenzig.  Die Bewahrung von Biodiversität bietet viele Chancen, und genau da setzt das ZNU gemeinsam mit den Forschungs- und Praxispartnerinnen und –partnern mit dem Forschungsvorhaben BioVal an. Ziel ist es, die Wertschätzung von Biodiversität entlang von Produktlebenszyklen zu steigern, eine Methode zur Bewertung der Auswirkungen von Lebensmitteln auf Biodiversität (weiter)zu entwickeln und anhand von Maßnahmen und konkreten Umsetzungsbeispielen herauszuarbeiten, wie auf Unternehmensebene Biodiversität in Managementprozesse und Unternehmenskommunikation integriert werden kann.

Urban Buschmann von FRoSTA zeigte eindrucksvoll, dass bereits 30 Prozent des verarbeiteten Gemüses aus eigener Landwirtschaft stammen und somit der Einflussbereich auf die Vorlieferanten deutlich erhöht wird. Insbesondere die Erstellung von Produktökobilanzen stellen eine Basis für Managemententscheidungen dar. Nach Buschmann geht es um das Sichtbarmachen der Umweltauswirkungen, zum Beispiel bei konventionellem versus Biospinat und der daraus folgenden Förderung von Biodiversitätsprojekten in der Landwirtschaft.

Verena Schädler von Seeberger ergänzte in diesem Zusammenhang, welche Rolle die Zusammenarbeit mit den Lieferanten im Beschaffungsmanagement spiele. So fordere Seeberger, die Früchte und Nüsse importieren, eine Selbstauskunft für Lieferanten. Diese beinhalte auch Aspekte von Biodiversität, wie zum Beispiel die Vorgabe einer Negativliste zum Pestizideinsatz. Anhand eines Punktesystems und Audits im Ursprung werde die Qualität sichergestellt und eine langjährige Partnerschaft fundiert.

Der zweite Tag der digitalen Nachhaltigkeits-Impulse startete mit den Zielen und Maßnahmen des Green Deals hinsichtlich Kunststoffen, insbesondere Verpackungen, und die erfolgreiche und zwingend erforderliche Umsetzung der Kreislaufwirtschaft. Leon Halfmann vom ZNU zeigte auf, dass die Rechtsvorschriften für Verpackungen neu geprüft und bewertet werden sollten. „Der Markt für Sekundärstoffe muss gefördert werden, da nur 12 Prozent bisher recycelt werden“, so Halfmann.

Katharina Müller von Interseroh stellte heraus: „Besonders Recycling bildet einen großen Hebel, das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen.“ Dabei leiste Interseroh Hilfestellung bei der Bewertung sowie der nachhaltigeren Weiterentwicklung von Verpackungen. Das übergeordnete Ziel bis 2030 sei es, alle Verpackungen wiederverwendbar oder recyclingfähig zu gestalten. Dazu sei jeder gefragt von der Politik bis zu den Endverbrauchenden. „Es bedarf einer Mindesteinsatzquote inklusive Qualitätsstandards für die Nutzung von Recyclingstoffen.“

Kristin Buro von Bahlsen skizzierte: „Bahlsen verfolgt ehrgeizige Ziele, um alle Verpackungen recyclingfähig zu machen.“ Als einer der Praxispartner von Interseroh zeigte sie auf, wie schrittweise die Kreislaufwirtschaft gelingen kann. Zunächst wurden alle Materialien auf ihre Recyclingfähigkeit überprüft und der Status Quo ermittelt. Im nächsten Schritt erfolgt die Umstellung auf recyclingfähige Verpackungsmaterialien, so würden braune Trays, deren rußbasierte Färbung die Weiterverwendung behindert, nun sukzessive auf transparent umgestellt werden.

In der Online-Session Menschenrechte plädierte Dr. Franziska Humbert für ein Lieferkettengesetz und präsentierte die Ergebnisse des aktuellen Oxfam Supermarkt-Checks, der auf 93 Indikatoren in vier Themengebieten internationaler Menschenrechtsstandards basiert. Spitzenreiter des Supermarkt-Checks in Deutschland, bei dem die Erfolge vor allem bei grundlegenden Maßnahmen im Sinne der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte gemessen werden, sind LIDL (32 Prozent), ALDI Süd (25 Prozent) und REWE (25 Prozent). Als Herausforderung deklarierte sie die Preispolitik und Handelspraktiken, die ausbaufähige Zusammenarbeit mit Gewerkschaften und Geschlechtergerechtigkeit. Aus diesem Grund sei ein Lieferkettengesetz zur Einhaltung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht erforderlich.

Steinbildhauer Timothy C. Vincent berichtete aus Sicht eines Kleinunternehmens, wie es um die menschenrechtliche Sorgfalt bestellt ist. „Die Corona-Pandemie hat die blinden Flecken der neoglobalen deregulierten Wirtschaftsweise aufgezeigt“, so Vincent. So seien die Auswirkungen der globalisierten Wertschöpfungsketten und die Abhängigkeiten von international agierenden Unternehmen sowie die zugrundeliegenden Konzentrationsprozesse gravierend. Laut Vincent, „gibt es keine Lieferkette, die Menschenrechts- oder Arbeitsrechtsverletzung ausschließen kann“. Wichtig sei es vor diesem Hintergrund, eine klare Haltung für sein eigenes unternehmerisches Handeln zu entwickeln und konsequent umzusetzen. Für kleine und mittelständische Unternehmen gelte es, sich zusammenzuschließen, um eine größere Wirkungskraft zu haben. Wichtig sei es, immer zuerst bei sich anzufangen. Die Steinbildhauerei Vincent selbst bezieht Naturstein aus Deutschland und dem europäischen Wirtschaftsraum von ausgesuchten und durch Vertrauensstruktur gewachsenen Handelspartnern.
 
Abgerundet wurden die zwei Tage durch die Analyse von Messung und Kommunikation der Nachhaltigkeitsaktivitäten von Unternehmen. Kesta Ludemann, ZNU, zeigte zu Beginn die Komplexität und die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Betrachtungsweise der Nachhaltigkeit auf, die mit Hilfe des ZNU-Standards Nachhaltiger Wirtschaften erreicht werden kann. Laura von Flemming (Hassia) gab Einblicke in die Praxiserfahrung der Hassia Mineralquellen mit dem Nachhaltigkeitsmanagementsystem sowie der Herangehensweise für eine erfolgreiche Zertifizierung. Für das Unternehmen sei es wichtig, „alle Mitarbeitenden, das Top-Management sowie jeden Mitarbeitenden, mit auf den Nachhaltigkeitsweg zu nehmen und zu sensibilisieren, um die gesetzten Ziele zu erreichen“.

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