Aktuelles
Nachricht vom 15.06.2021
UniversitätGesundheit

Lungenentzündungen auf der Intensivstation verhindern

Prof. Dr. med. Dipl.-Biochem. Beniam Ghebremedhin

Prof. Dr. med. Dipl.-Biochem. Beniam Ghebremedhin

Lungenentzündungen auf der Intensivstation verhindern

Forschungsprojekt der Universität Witten/Herdecke sucht nach Bakterien und deren „Fingerabdruck“ in der Atemluft

Nach einer ersten statistischen Abschätzung sterben in Deutschland 4700 Patientinnen und Patienten pro Jahr an einer im Krankenhaus „eingefangenen“ bakteriellen Lungenentzündung. „Das passiert meist auf den Intensivstationen, wenn die Patienten beatmet werden“, erklärt Prof. Dr. med. Dipl.-Biochem. Beniam Ghebremedhin, der Leiter eines Forschungsprojektes, das die Ursache, nämlich Bakterien, schneller und einfacher finden möchte. „In einem ersten Schritt möchten wir die Bakterien identifizieren. Und dann möchten wir in einem zweiten Schritt gerne deren Spuren in der Atemluft analysieren“, erklärt der Mediziner und Biochemiker sein Projekt. Das wird mit gut einer Mio. Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Dabei arbeitet der leitentende Oberarzt und stellvertretende Institutsdirektor des Instituts für Medizinische Labordiagnostik, am Helios-Universitätsklinikum Wuppertal am Lehrstuhl Mikrobiologie und Laboratoriumsmedizin der Universität Witten/Herdecke auch mit der ION-GAS GmbH und der Hochschule Hamm-Lippstadt zusammen.

So viele Partner sind nötig, denn es geht darum, zunächst über Kulturen die Erreger und deren charakteristische Abbauprodukte zu erkennen. „Wenn wir die identifiziert haben, geht das Puzzle weiter: Dann suchen wir in der Atemluft mit sehr empfindlichen Spürnasen auf Basis der Ionenmobilitäts-Spektrometrie nach flüchtigen organischen Verbindungen (VOCs), die sich aus den Bakterien bzw. deren Abbauprodukten im Körper bilden und ausgeatmet werden“, beschreibt Prof. Ghebremedhin das Ziel der Forschung. Wenn das Erfolg hat, könnte eine heraufziehende Lungenentzündung schon nach wenigen Stunden mit den genau passenden Antibiotika bekämpft werden. Bisher dauert die Identifizierung auch schon mal fünf bis sieben Tage – zu lange für eine schnelle und lebensrettende Versorgung der Patientinnen und Patienten.

Aber bis dahin gilt es noch einige Schritte zu tun: Bisher gibt es keinerlei Standard oder Referenz für die im Atem enthaltenen Stoffe. „Wir müssen uns diese Standards erst schaffen und dazu auch regelmäßig den Atem quasi nachmessen. Auch weil wir erst mal sehen müssen, ob die Raumluft unsere Messwerte nicht verfälschen kann“, weist Ghebremedhin auf bestehende Probleme hin. Am Ende sollte aus seiner Sicht eine Marker-Datenbank aufgebaut werden, die einen ersten Standard für die Atemluft schafft und in Zukunft auch durch andere Forscher ergänzt werden kann. Das bedeute aber auch, dass die Wege der Datenerhebung und- verarbeitung einheitlich festgelegt werden müssen, damit diese Zusammenarbeit funktionieren könne. Und letztens braucht es kleine, tragbare Geräte, damit die Diagnose und auch die Überwachung auf den Stationen erfolgen könne.

Ein längeres Interview mit Prof. Ghebremedhin gibt es hier.

 

Übersicht

Bereich:
UniversitätGesundheit

Die Universität Witten/Herdecke ist durch das NRW-Wissenschaftsministerium staatlich anerkannt und wird – sowohl als Institution wie auch für ihre einzelnen Studiengänge – regelmäßig akkreditiert durch: