Student Steffen Rustemeier, Mitglied des vierköpfigen Teams des zahnmedizinischen Myanmarprojekts 2016, berichtet über seine Motivation und die Hilfe vor Ort.

Soziale Verantwortung übernehmen und praktische Erfahrung sammeln

Ich höre sie schon, bevor ich sie sehe: aufgeregte Kinderstimmen, lautes Fußgetrappel. Eine gewisse Spannung liegt in der Luft. Und plötzlich strömen sie auf uns zu, aus den Klassenräumen und aus den Gängen: Knapp 1.500 Schulkinder, die alle nur eines im Sinn haben – Zähneputzen!

Was im ersten Moment wie eine Szene aus einem Film anmutet, habe ich tatsächlich so erlebt. Zusammen mit Sören Brüstle, Marie Sauter und Amely van den Wildenberg bekam ich Ende 2016 die Chance, eine Reise nach Myanmar anzutreten und für drei Wochen Kinder im Zähneputzen zu unterrichten sowie zahnmedizinische Behandlungen durchzuführen.

Es war eine außergewöhnliche Erfahrung, die mich nicht nur fachlich, sondern auch persönlich weitergebracht hat. Gerade in Bezug auf die Praxis lernte ich in Myanmar neue Herangehensweisen und Behandlungen kennen, welche so in Deutschland nur selten notwendig gewesen wären. Dass sich das Engagement für solche sozialen Projekte in das Zahnmedizinstudium integrieren lässt, zeichnet für mich die Universität Witten/Herdecke aus.

Die Praxis ist entscheidend

Möglichkeiten wie diese – also praktisch arbeiten und soziale Projekte fördern zu können – waren vor sechs Semestern ausschlaggebend dafür, ein Studium an der Universität Witten/Herdecke zu beginnen.

Vor dem Studium schloss ich zunächst eine Ausbildung zum Orthopädietechniker ab. Interesse an der Zahnmedizin entwickelte ich dann, weil mich der direkte Umgang mit Patienten und der Zusammenhang zwischen Handwerk und Naturwissenschaft begeisterten. Also holte ich mein Abitur auf einem Weiterbildungskolleg nach und bewarb mich anschließend in Witten für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde – mit Erfolg.

Das zahnmedizinische Myanmarprojekt

Mir war von Anfang an klar, dass ich mich für die Teilnahme am zahnmedizinischen Myanmarprojekt bewerben wollte, sobald mein klinischer Studienabschnitt beginnen würde. Zwischen Abitur und Studium war ich für sechs Monate im Großteil des südostasiatischen Raumes unterwegs und fand es immer schade, dass ich vor Ort nicht wirklich helfen konnte. Gerade weil ich auf meiner Reise die dortige Hilfsbereitschaft und Gastfreundlichkeit erleben durfte, wollte ich gerne etwas zurückgeben.

An der Universität Witten/Herdecke bot sich mir mit dem zahnmedizinischen Myanmarprojekt dafür die ideale Gelegenheit. Die Gründe für dessen Entstehung waren allerdings tragisch: 2008 wurde Myanmar, das ehemalige Burma, von einer Flutkatastrophe heimgesucht, die weite Teile des Landes zerstörte. Zwei Studierende der Zahnmedizin aus Witten beschlossen, den Menschen zu helfen und gründeten das Hilfsprojekt.

Seitdem fliegen jedes Jahr vier Studierende der Zahnmedizin im klinischen Studienabschnitt für drei Wochen nach Myanmar. Im Gepäck haben sie rund 7.000 Zahnbürsten, Unmengen an Zahnpasta und anderes zahnmedizinisches Material. Auch bei uns war es nicht anders.

Arbeit vor Ort

In den drei Wochen vor Ort übernahm unser Team unterschiedliche Aufgaben. Wir assistierten beispielsweise in einer der örtlichen Zahnkliniken und beobachteten die einheimischen Zahnärztinnen und -ärzte bei der Arbeit. Stets nahmen diese sich viel Zeit, um unsere Fragen zu beantworten und uns die dort üblichen Methoden zu zeigen. Außerdem beteiligten wir uns an dem vom Staat organisierten „Charity Treatment“. Gemeinsam mit erfahrenen Zahnärztinnen und -ärzten behandelten wir mit unseren mobilen Einheiten junge und alte Patienten in den ländlichen Gegenden Myanmars.

Auch die eingangs erwähnten Zahnputzschulungen für Kinder standen mehrere Male täglich auf dem Programm und haben uns allen immer sehr viel Spaß bereitet. Auf diese Weise lernten wir das Land und die Menschen aus einer ganz neuen Perspektive kennen. Die Dankbarkeit und Gastfreundlichkeit werden mir noch lange in Erinnerung bleiben und ich denke, ich kann im Namen des ganzen Teams sagen, dass wir dankbar sind, eine solche Chance während des Studiums bekommen zu haben.