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Sprachliche Polyphonie in literarischen, medizinischen und pflegewissenschaftlichen Textsorten und Diskursen

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Sprachliche Polyphonie

Sprachliche Polyphonie in literarischen, medizinischen und pflegewissenschaftlichen Textsorten und Diskursen

Die Bedeutung von Sprache und Kommunikation im Gesundheitswesen ist in den letzten Jahren zusammen mit einer patientenzentrierten Medizin in den Fokus gerückt. Gerade Texte im Gesundheitswesen sind hochgradig vielstimmig. Die interdisziplinäre Tagungsdokumentation „Sprachliche Polyphonie in literarischen, medizinischen und pflegewissenschaftlichen Textsorten“ untersucht die Rolle der Polyphonie (Vielstimmigkeit) in verschiedenen Textsorten des Gesundheitswesens (Arzt- und Patientenbriefe, Pflegedokumentationen, Arzt-Patienten-Gespräche) sowie in der medizinischen Ausbildung im Hinblick auf ihre bewusste oder unbewusste Handhabung und ihre jeweiligen positiven oder negativen Auswirkungen.

Hier der Link zum Vortrag von Julia Genz auf der E&O "X" Veranstaltung im Januar 2021.

Gelingende Heilung und Therapie im Gesundheitswesen beruht ein Stück weit auf dem bewussten und sensiblen Einsatz von Sprache. Erfolgreiche sprachliche Kommunikation wird im medizinischen Kontext nicht nur durch Zeitknappheit, steigende Dokumentationsanforderungen oder mangelnde Übung erschwert, sondern auch durch die Multifunktionalität der Textsorten. Diese nehmen nicht nur verschiedene Stimmen in sich auf (von Ärzten, Pflegern, Patienten…) sondern richten sich auch an verschiedene Rezipienten (weiterbehandelnde Ärzte, Patienten und ihre Angehörige, Krankenkassen, Juristen…) – das bedeutet, sie sind hochgradig polyphon. Bei linguistischen und literaturwissenschaftlichen Ansätzen sprachlicher Polyphonie handelt es sich um eine Kopräsenz verschiedener Stimmen (Stile, Formulierungen, deiktische Einbindung) und Standpunkte (Verantwortungen, Ansichten, Einstellungen) innerhalb einer Äußerung oder eines Textes. Multifunktionale Texte im Gesundheitswesen (Patientenakten, Arzt- und Patientenbriefe, Pflegedokumentationen, Arzt-Patienten-Gespräche) sind von Polyphonie geprägt. Konkret untersuchen wir, in wessen Namen und auf welche Art Sprechen, Schreiben und Erzählen geschieht, wer also jeweils Verantwortung für das Gesagte übernimmt, wessen Begrifflichkeit verwendet wird und wie die jeweiligen Kommunikationsverhältnisse optimiert werden können.

Der Sammelband „Sprachliche Polyphonie in literarischen, medizinischen und pflegewissenschaftlichen Textsorten“ stellt Konzepte sprachlicher, literarischer und musikalischer Polyphonie vor und diskutiert ihre Anwendung in verschiedenen Bereichen: Dies reicht von der Integration in die medizinische Ausbildung über Vielstimmigkeit in mündlichen Arzt-Patientengesprächen oder der besonderen Gesprächssituation in der Tiermedizin bis hin zu schriftlichen Dokumenten wie dem neu entwickelten Patientenbrief oder Pflegedokumentationen. Darüber hinaus werden auch historische Perspektiven der Arzt-Patientenkommunikation berücksichtigt.

 

Kontakt:

Julia Genz

julia.genz@uni-wh.de

 

Publikationen:

Genz, Julia/Gévaudan, Paul (Hg.): Sprachliche Polyphonie in literarischen, medizinischen und pflegewissenschaftlichen Textsorten. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2021. Erscheint im Frühjahr 2021)

Genz, Julia (2018): Viele Stimmen. Polyphonie in Alfred Döblins Hamlet oder Die lange Nacht nimmt ein Ende, in: Text und Kritik (2018) H.13/14, S. 180-189.

Genz, Julia (2016): Von der Polyglossie zur Polyphonie – transnationale Identitätsbildung bei Emine Sevgi Özdamar und Roger Manderscheid, in: Nicolas Potysch und Matthias Bauer (Hg.): „Deutungsspielräume – Mehrdeutigkeit als kulturelles Phänomen“. Frankfurt a. M.: Peter Lang, S. 91‒113 (Littera 7).

 

Links zum Vortrag und der Diskussion zur Polyphonie bei der E&O "X" Veranstaltung im Janunar 2021:

Teil 1 Prof. Julia Genz zeigt anhand der Arzt-Patienten-Kommunikation auf, wie die Mehrdeutigkeit und Positionalität sprachlicher Äußerungen und Texte erschlossen werden können.

Teil 2 Ein Vortrag von Prof. Dr. Werner Vogd, der die Missbrauchsdynamik einer religiösen Organisation auf Basis der Polyphonie rekonstruiert.

Teil 3 Das letzte Video der Reihe beinhaltet die Abschlussdiskussion und Fragerunde.

Beitrag vom 08.03.2021

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