Isabell Przemus berichtet über ihre Suche nach Möglichkeiten für ein heutiges Theater.

Theater ohne Theater

Vorfreude

In letzter Zeit passiert es mir immer wieder: Ich fahre mit dem Rad zur Uni, ich sitze in der Mensa, ich warte auf den Bus – und plötzlich überkommt mich eine Welle der Freude, weil ich in Witten studiere. Das klingt vielleicht kitschig, aber genau so fühlt es sich an. Der Grund: Hier kann ich mich endlich auf meine Weise mit dem beschäftigen, was mich schon mein ganzes Leben begleitet – dem Theater.

Warum Theater?

Auf die Frage, seit wann ich Theater spiele, antworte ich stets: „Schon immer.“ Ich engagierte mich früh in Theater-AGs, nahm an Workshops teil und entwickelte auch immer wieder eigene Projekte.

Nach dem Abitur begann ich dann ein Schauspielstudium an einer Theaterhochschule. Nach zwei Jahren merkte ich, dass ich so, wie man dort ausgebildet wird, nicht Schauspielerin sein möchte. Ich will an Themen für Mensch und Gesellschaft arbeiten und nicht nur lernen, wie man tanzt, spricht und steht. Dort fühlte ich mich wie in einem Gefängnis, aus dem ich letztlich nur durch den Abbruch des Studiums entkam.

Neuanfang in Witten

Nachdem ich abgebrochen hatte, stellte ich sehr viele Fragen an das Theater und an den Menschen, an Philosophie und gesellschaftliche Zusammenhänge. Ich suchte nach einem Studiengang, der eine Vertiefung zu- und Möglichkeiten offenlässt. Fündig wurde ich in Witten.

Für mich ist der Bachelorstudiengang Philosophie, Kulturreflexion und kulturelle Praxis gerade deswegen überzeugend, weil ich mich in einem Raum mit Theater beschäftigen kann, in dem relativ wenig Theater stattfindet. Hier geht es eher darum, mein Publikum kennenzulernen: Was sind das für Menschen? Was brauchen sie und was brauchen sie nicht?

Raum für Selbstverwirklichung

Das Studium gibt mir Antworten auf Fragen, bei denen ich allein nicht weiterkomme. Schauspielerische Praxis sammel ich hingegen in meinen Projekten zur Genüge. Egal, ob ich die Salomé in München spiele oder mit einer Performance bei einem Theaterfestival in Birmingham auftrete - in Witten bekomme ich dafür ausreichend Freiräume.

Obwohl ich teils zwei Monate weg bin, brauche ich kein Urlaubssemester zu nehmen. Anrechnung meiner Schauspielprojekte als künstlerischer Teil, Blockseminare, Independent Studies – es gibt genug Möglichkeiten, die benötigten Leistungen zu erbringen. 

Eigene Perspektiven

Zurzeit bin ich im dritten Semester und weiß noch nicht genau, wie es für mich nach dem Studium weitergeht. Ich merke aber, dass ich jetzt meine eigene Arbeits- und Lebensweise entwickeln und ausprobieren kann, die mir später weiterhelfen wird. Zudem bietet mir die Uni in besonderem Maße die Möglichkeit, ein Netzwerk aufzubauen, auf das ich in Zukunft zurückgreifen werde. Meine hier entwickelte Vorstellung von Kunst und Theater wird mich dabei immer begleiten.