Pflegewissenschaftlerin Christine Dunger (Ph.D.) berichtet über ihren Werdegang und die Projekte „30 junge Menschen“ und „30 Gedanken zum Tod“.

Die richtige Entscheidung

Die richtige Entscheidung

Für mich zeichnet sich die Universität Witten/Herdecke besonders durch zwei Dinge aus: die Forschung zu gesellschaftlich relevanten Themen und die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Ich selbst durfte dies immer wieder aus erster Hand erfahren – zunächst als Studentin und mittlerweile als wissenschaftliche Mitarbeiterin.

Nach meiner Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin hatte ich das Bedürfnis, die Konzepte und Theorien meines Fachs besser zu verstehen, um den zukünftigen Herausforderungen in der Pflegepraxis begegnen zu können.

Mit dem Bachelorstudiengang Pflegewissenschaft fand ich dafür den idealen Rahmen. Aufgrund der Vorreiterrolle der UW/H in der Pflegewissenschaft kam für mich auch keine andere Universität infrage. Damit fällte ich eine Entscheidung, die meinen Werdegang nachhaltig beeinflussen sollte.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Während des Bachelorstudiums begann ich als studentische Mitarbeiterin am Institut für Ethik und Kommunikation im Gesundheitswesen (IEKG) zu arbeiten. Nach meinem Masterabschluss wechselte ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin an den Lehrstuhl für Sozialphilosophie und Ethik der Fakultät für Kulturreflexion, an der ich nach meiner Promotion nun auch weiterarbeite.

Die interdisziplinäre Ausrichtung der Universität Witten/Herdecke ermöglichte mir diesen Schritt, zumal ich als Pflegewissenschaftlerin eine gewisse Perspektive auf Menschen und ihre Beziehungsgestaltung entwickelt habe, die bei der Forschung zu ethischen Fragestellungen im Gesundheitswesen hilfreich ist.

Ich habe an verschiedenen Forschungsprojekten zu meinen Schwerpunkten pflegerische Entscheidungsfindung und Palliative Care als Versorgungssetting mitgearbeitet. Die Projekte „30 junge Menschen“ und „30 Gedanken zum Tod“ waren für mich besonders interessant. Bei beiden führte ich in einem interdisziplinären Team die wissenschaftlichen Begleitstudien durch.

30 junge Menschen

Obwohl der Tod uns alle betrifft, findet oft keine öffentliche Auseinandersetzung mit dem Thema statt. Das Diskursprojekt „30 junge Menschen sprechen mit sterbenden Menschen und deren Angehörigen“ war ein Versuch, diesen gesellschaftlichen Diskurs zum Lebensende anzustoßen.

Darin wurde beleuchtet, was der Kontakt mit Sterbenden für junge Menschen bedeutet, der heutzutage im Alltag zumeist keine Rolle mehr spielt. Es entstanden sehr intensive Begegnungen, die bei den jungen Leuten bleibenden Eindruck hinterließen.

Die Gespräche wurden in 30 Kurzvideos festgehalten, die online angeschaut werden können. Zusätzlich entstand ein Dokumentarfilm, der drei junge Menschen und ihre Gesprächspartner über einen längeren Zeitraum begleitete. Die Begleitstudie untersuchte die Auswirkungen des Projektes auf die auf das Lebensende bezogene Haltung der jungen Menschen.

30 Gedanken zum Tod

Im Folgeprojekt „30 Gedanken zum Tod“ ging es dann darum, auch die Menschen mit einzubeziehen, die unmittelbar betroffen sind – durch eigene Krankheit oder durch den Beruf.

So entstanden drei Gruppen mit je zehn Personen: diejenigen, die den Tod in unserer Gesellschaft definieren (Juristen, Politiker, Ethikrat etc.), diejenigen, die ihn in der Konfrontation durchleben (Patienten) und diejenigen, die im weitesten Sinne diagnostizieren oder begleiten (Ärzte, Pathologen, Seelsorger, Beerdigungsunternehmer etc.).

Mit allen Beteiligten wurden Interviews geführt, die – wie im ersten Projekt – aufgezeichnet wurden. Auch diese Videos stehen in Ausschnitten online zur Verfügung. Begleitend entstand ein Buch, das Foto- und Textporträts der Interviewpartnerinnen und -partner enthält. Die Begleitstudie wertete die Interviews hinsichtlich der Vorstellungen vom Tod aus, die die Teilnehmer jeweils beschrieben.

Die Projekte wirken weiter

Es ist schön zu sehen, dass die Projekte diskursiv wirksam geworden sind. Die Kurzvideos beider Projekte werden nach wie vor angeklickt. Zudem gibt es immer wieder direktes Feedback von Menschen, die sich beispielsweise für das Projekt bedanken oder Anfragen für Abschlussarbeiten stellen.

Außerdem werden die Videosequenzen an anderen Hochschulen in der Lehre eingesetzt. Medizinstudierende bekommen die Aufgabe, eines der Videos zu sehen und in einer Hausarbeit zu reflektieren. Hier findet eine Verstetigung des Diskurses auch im professionellen Kontext statt – ein großer Erfolg.