Medizinische Fachangestellte (MFA)
Aktive Beteiligung von MFA in der allgemeinmedizinischen Forschung
Medizinische Fachangestellte (MFA) sind das Rückgrat hausärztlicher Versorgung – sie koordinieren Abläufe, begleiten Patient:innen und sichern die Qualität im Praxisalltag. Trotzdem wird ihre Perspektive in der Forschung bislang selten berücksichtigt.
Das iamag stärkt daher die aktive Beteiligung von MFA in der allgemeinmedizinischen Forschung: Wir entwickeln Studien mit MFA, erforschen ihre Arbeitsbedingungen, Motivation und Zufriedenheit – und schaffen Wissen für MFA, das direkt in den Praxisalltag zurückfließt.
Ziel ist es, Forschung praxisnäher, partizipativer und zukunftsorientierter zu gestalten.
Studien
Laufende Studien
1) In einer aktuellen Studie wurden erstmals die Auswirkungen von Medikamentenlieferengpässen auf den Arbeitsalltag Medizinischer Fachangestellter (MFA) in hausärztlichen Praxen untersucht. Der Fokus lag dabei auf organisatorischem Mehraufwand und Stresserleben. Die Ergebnisse zeigen: MFA sind von Engpässen spürbar betroffen – mit relevanten Folgen für die tägliche Versorgung. Eine Veröffentlichung der detaillierten Daten folgt in Kürze.
Die Publikation ist derzeit under review.
2) Die WiSBAH-Studie hat bundesweit Medizinische Fachangestellte in einer anonymen Online-Umfrage befragt, wie sie die Arbeitsbelastung während der COVID-19-Pandemie erlebt haben – und was ihnen im Praxisalltag konkret geholfen hat. Konkrete Veränderungen in der Arbeitsorganisation, neue Kommunikationswege im Team und digitale Sprechstunden wurden vielfach als entlastend empfunden. Auch Hygiene- und Stressbewältigungsmaßnahmen spielten eine wichtige Rolle. Die Studie macht sichtbar, wie viel Resilienz in den Praxisteams steckt – und welche strukturellen Veränderungen dauerhaft unterstützen könnten. Eine Veröffentlichung der detaillierten Daten folgt in Kürze.
Die Publikation ist derzeit under review.
3) Um noch weitere Einblicke zu bekommen, haben wir nach der Online-Umfrage ergänzende Interviews geführt. Hier ein paar Einblicke in die Ergebnisse der Interviewstudie zur WiSBAH-Studie
Wie erleben Medizinische Fachangestellte (MFA) ihren Arbeitsalltag in Hausarztpraxen? Erste Einblicke aus der Interviewstudie der WiSBAH-Studie – aktuell im Veröffentlichungsprozess – zeigen, welche Faktoren die Arbeitszufriedenheit beeinflussen.
Sozial: Teamzusammenhalt und wertschätzende Kommunikation werden als wichtige Aspekte genannt.
Personell: Das Erleben eigener Kompetenz, Weiterbildungsmöglichkeiten und Verantwortungsübernahme spielen eine Rolle.
Strukturell: Arbeitsplatzgestaltung, Aufgabenverteilung und digitale Tools wirken unterschiedlich – teils unterstützend, teils herausfordernd.
Die Ergebnisse unterstreichen, wie vielfältig die Bedingungen sind, unter denen MFA arbeiten – und wo Potenziale für Verbesserungen liegen.
4) In Zusammenarbeit mit dem Institut für Allgemeinmedizin der Universität Leipzig und mit Unterstützung des Verbands medizinischer Fachberufe e.V. untersucht das iamag, wie Medizinische Fachangestellte ihre Pausen im Praxisalltag gestalten. Ziel der partizipativ entwickelten Photovoice-Studie ist es, die Bedeutung von Pausen für Erholung, Arbeitszufriedenheit und Teamklima sichtbar zu machen und förderliche Rahmenbedingungen in Hausarztpraxen zu identifizieren.
Die Studie läuft vom 24.-28. November 2025.
Eine Anmeldung zur Teilnahme ist noch möglich: pretix.eu/iamag/photovoice/
Abgeschlossene Studien
Die Flashmobstudie zu COVID-19 des Instituts für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag) der Universität Witten/Herdecke wurde am 28. April 2021 durchgeführt. Ziel war es, die Belastung hausärztlicher Praxisteams durch telefonische Anfragen zu COVID-19 zu erfassen.
Hintergrund:
Während der Pandemie berichteten Hausärzt:innen und ihre Medizinischen Fachangestellten (MFA) von einer hohen telefonischen Inanspruchnahme sowie damit verbundenen kommunikativen und psychischen Belastungen durch ratsuchende oder fordernde Patient:innen. Über das tatsächliche Ausmaß und die Dimensionen dieser Beratungsfunktion war wenig bekannt.
Studiendesign:
Die Studie wurde als sogenannte Flashmobstudie konzipiert, bei der die Datenerhebung über einen kurzen Zeitraum parallel in vielen Praxen stattfand. Am Vormittag des 28.04.2021 wurden Daten gesammelt, um die Häufigkeit von Telefonanrufen, die thematisierten Beratungsanlässe und die empfundene Belastung durch MFA zu erfassen.
Ergebnisse:
In 73 teilnehmenden Praxen wurden an einem Vormittag insgesamt 5.646 eingehende Anrufe dokumentiert, von denen 1.826 (32 %) COVID-19 bezogen waren. Der Großteil dieser Anrufe thematisierte Impfungen (59 %) und Terminanfragen im Kontext von COVID-19 (29 %). Die meisten Anrufe dauerten zwischen 2 und 5 Minuten (45 %) oder weniger als 2 Minuten (43 %). Etwa 12 % der Anrufe dauerten länger als 5 Minuten. Gut 90 % der Beratungsanlässe wurden eigenständig von den MFA bearbeitet. Ein Fünftel der Telefonate wurde von den MFA als stressig eingestuft.
desam-fornet.de
Schlussfolgerungen:
Die Studie zeigt, dass MFA eine zentrale Rolle in der telefonischen Beratung während der Pandemie einnahmen und dabei erheblichen Belastungen ausgesetzt waren. Eine ausreichende Vorbereitung der MFA auf diese Anfragen wirkte protektiv auf das Stresserleben. Die Ergebnisse können helfen, zielgerichtete Strategien zur Entlastung zu entwickeln.
Flashmobstudie als Studienkonzept
Das Flashmob-Studienkonzept eignet sich besonders dann, wenn schnell, praxisnah und mit minimalem Aufwand Daten erhoben werden sollen. Durch den gezielten, kurzen Erhebungszeitraum lässt sich die Teilnahme auch in arbeitsintensiven Settings wie hausärztlichen Praxen erleichtern. Gleichzeitig erlaubt das Format, aktuelle Versorgungsrealitäten zeitnah abzubilden – ideal für Fragestellungen mit hoher Alltagsrelevanz und direktem Praxisbezug.
Partizipation in der allgemeinmedizinischen Forschung
In der allgemeinmedizinischen Forschung in Deutschland haben sich in den letzten Jahren zunehmend partizipative Forschungsansätze etabliert. Dabei werden die Sichtweisen und das Erfahrungswissen relevanter Interessengruppen (Stakeholder), die bisher häufig nur Forschungsobjekt waren, aktiv in den Forschungsprozess eingebunden.
Im Bereich der Allgemeinmedizin zählen dazu insbesondere hausärztliche Praxisteams – also Hausärzt:innen, Medizinische Fachangestellte (MFA) und weitere Gesundheitsberufe – sowie Patient:innen und Bürger:innen. Ihre aktive Beteiligung steigert die Relevanz, Machbarkeit und Praxisnähe von Forschungsprojekten.
Am iamag wird diese partizipative Herangehensweise gezielt gefördert – etwa durch Studien von, mit und für MFA, die aktuelle Themen aus dem Praxisalltag aufgreifen und zu nachhaltigen Verbesserungen in der hausärztlichen Versorgung beitragen.
Es wurde eine Handreichung erarbeitet, die die verschiedenen Perspektiven abbildet und Anregungen zu partizipativer Arbeit geben kann:
Handreichung zur aktiven Beteiligung von Patient:innen, Bürger:innen, Hausärzt:innen und Medizinischen Fachangestellten an der allgemeinmedizinischen Forschung : erarbeitet im Rahmen des DESAM-ForNet-Forschungssymposiums "zu Gast bei SaxoForN" am 12. April 2024 in Frankfurt am Main
https://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/frontdoor/index/index/docId/87496

Das MFA-Forum in Witten
Das MFA-Forum an der UWH ist eine Veranstaltungsreihe, die sich speziell an Medizinische Fachangestellte (MFA) richtet. Organisiert wird sie vom Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag) der Universität Witten/Herdecke. Ziel des Forums ist es, MFA praxisnahe Fortbildungen und Austauschmöglichkeiten zu bieten.
Die Veranstaltungen decken verschiedene Themenbereiche ab, darunter Laborwerte, EKG-Interpretationen, Reanimation und andere relevante Inhalte für den Arbeitsalltag in hausärztlichen Praxen. Durch die Kombination von theoretischem Wissen und praktischen Übungen sollen die Teilnehmer:innen ihre Kompetenzen erweitern und sich mit Kolleg:innen vernetzen können.
Das MFA-Forum Witten trägt dazu bei, die berufliche Weiterentwicklung von MFA zu fördern und ihre wichtige Rolle im Gesundheitswesen zu stärken.

Das HAFO.NRW MFA Online Forum
Das HAFO.NRW MFA Online-Forum ist ein digitales Veranstaltungsformat, das sich gezielt an Medizinische Fachangestellte (MFA) und nicht-ärztliches Praxispersonal richtet. Es wird vom Hausärztlichen Forschungspraxennetz Nordrhein-Westfalen (HAFO.NRW) organisiert, einem Zusammenschluss von acht allgemeinmedizinischen Instituten an Universitäten in NRW. Ziel des Forums ist es, MFA aktiv in die hausärztliche Forschung einzubeziehen, den Austausch unter Kolleg:innen zu fördern und praxisrelevante Themen gemeinsam zu diskutieren.
Seit dem Start im März 2023 finden die Online-Foren regelmäßig statt und behandeln vielfältige Themen aus dem Praxisalltag. Beispielsweise wurden im 4. Forum im November 2024 digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) und erste Ergebnisse der WiSBAH-Studie vorgestellt. Das 5. Forum im April 2025 widmete sich der Versorgung von Patient:innen mit Adipositas per magna und bot Einblicke in aktuelle Studien zu Ernährungsmedizin.
Die Materialien dazu finden Sie unter „Downloads“
Das MFA-Online-Forum bietet eine Plattform für Weiterbildung, Vernetzung und Mitgestaltung von Forschungsprojekten, die den Arbeitsalltag von MFA betreffen.
Publikationen
Kontakt

Susanne Kersten
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Fakultät für Gesundheit (Department für Humanmedizin) | Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag)
Alfred-Herrhausen-Straße 50
58455 WittenRaumnummer: 2.040

Michaela Maas
Studienassistenz
Fakultät für Gesundheit (Department für Humanmedizin) | Lehrstuhl für Allgemeinmedizin I und Interprofessionelle Versorgung
Alfred-Herrhausen-Straße 50
58455 WittenRaumnummer: 2.037