Tag der Endometriose (29.09.): Millionen Frauen betroffen – Diagnose dauert im Schnitt 10 Jahre
Forschende der Universität Witten/Herdecke machen sichtbar, was Betroffene seit Jahren erleben und wollen Versorgungslücken schließen.

Endometriose gehört zu den häufigsten, aber am wenigstens verstandenen gynäkologischen Erkrankungen: Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, wächst außerhalb der Gebärmutter, verursacht starke Schmerzen und kann zur Unfruchtbarkeit führen. In Deutschland sind schätzungsweise 10 bis 15 Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter (15-49 Jahre) betroffen – das sind mehrere Millionen Patientinnen. Trotzdem vergehen im Schnitt zehn Jahre von den ersten Symptomen bis zur Diagnose.
Viele Frauen berichten in dieser Zeit von Stigmatisierung und mangelnder Beachtung Ihrer Beschwerden. „In sozialen Medien zeigt sich deutlich, wie sehr Betroffene darunter leiden, dass ihre Erfahrungen und Schmerzen kleingeredet werden“, erklärt Till Neugebauer vom Lehrstuhl für Versorgungsforschung der Universität Witten/Herdecke (UW/H).
Forschung mit Betroffenen
Der Lehrstuhl für Versorgungsforschung der UW/H initiierte das Projekt „Diversitätssensible Versorgung von Patientinnen mit Endometriose“ (DivEndo), das ein Jahr lang von der Universität gefördert wurde. Ziel war es, die Grundlage für einen Forschungsantrag zu schaffen.
Im Rahmen des Projekts arbeitete das Forschungsteam eng mit Betroffenen und Ärzt:innen zusammen, organisierte Workshops und wertete über 7.000 Social-Media-Kommentare aus.
Vier zentrale Themen kristallisierten sich heraus:
- Massive psychische und physische Belastung
- Strukturelle Defizite im Gesundheitssystem
- Gesellschaftliche Auswirkungen auf Alltag, Schule und Beruf
Strategien von Betroffenen zur Krankheitsbewältigung
Auf Grundlage dieser Ergebnisse wird nun der Forschungsantrag gestellt, der im Herbst beim Innovationsfonds eingereicht wird. Das Team will darauf aufbauend ein digitales Angebot entwickeln, das das Bewusstsein für Endometriose in der Gesellschaft und die Kommunikation zwischen Patientinnen und Behandelnden verbessert.
Selbstwirksamkeit stärken – Versorgung verbessern
Ein Schwerpunkt des Folgeprojekts liegt auf der Stärkung der Selbstwirksamkeit von Betroffenen. Soziale Medien sollen genutzt werden, um Frauen zu befähigen, aktiv an ihrer Versorgung mitzuwirken. „Wir wollen Frauen unterstützen, selbstbewusst mit Ärzt:innen zu kommunizieren“, sagt Till Neugebauer. Dafür sollen Workshops mit Patientinnen und Fachkräften fortgesetzt und neue Kommunikationsstrategien entwickelt werden.
Dass das Thema Endometriose inzwischen im Koalitionsvertrag Erwähnung findet, stimmt das Team optimistisch. Sollte der Antrag bewilligt werden, könnte das Projekt eine wichtige Lücke schließen: Während die Forschung bislang klinisch ausgeprägt ist, stellt dieser Ansatz die Perspektive der Patientinnen ins Zentrum. „Die Diskussionen mit den Betroffenen haben uns die Augen geöffnet“, so das Fazit des Forschungsteams. „Diese Zusammenarbeit war unglaublich wertvoll – und wir hoffen, dass wir damit langfristig zu einer besseren Versorgung beitragen können.“
Ansprechpartnerin

Svenja Malessa
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