Lehrstuhl und Abteilung für Zahnerhaltung und Präventive Zahnmedizin

Ziel der Prävention ist es, die Erkrankung zu verhindern (Primäre Prävention). Wenn es bereits zu einer Erkrankung gekommen ist, geht es uns darum, sie früh zu erkennen und möglichst minimal-invasiv zu behandeln (Sekundäre Prävention). Wenn sie erst in einem fortgeschrittenen Stadium erkannt und behandelt werden kann, sollen präventive Maßnahmen verhindern, dass es nach einer erfolgreichen Therapie zum Rückfall kommt (Tertiäre Prävention).

Diese drei Ebenen der Prävention bilden das Rückgrat des  so genannten Sanierungskonzeptes, das wir unterrichten und nach dem wir Patienten behandeln. Dieses Konzept, das auf den Schweizer Professor Klaus Lang zurückgeht  sorgt zunächst dafür, dass krankmachende Faktoren beseitigt werden, bevor die geschädigten Zähne wiederhergestellt werden. Im Anschluss sichern wir den Behandlungserfolg langfristig durch Maßnahmen der Tertiären Prävention .

Im Bereich der Therapie folgen wir dem Grundsatz „Zahnerhaltung vor Zahnersatz“. Dies umfasst im Wesentlichen die Restauration von karies- oder traumabedingten Defekten der Zahnhartsubstanzen mit unterschiedlichen Füllungsmaterialien. Generell unterscheidet man plastische Füllungsmaterialien (Amalgam, Komposite, Kompomere und Zemente), die der Zahnarzt direkt in einer Behandlungssitzung in den Zahn einbringt, von Füllungsmaterialien (Inlays, Onlays und Teilkronen aus Metall oder Keramik), die ein zahntechnisches Labor herstellt. Diese werden nach einem vorhergehenden Abdruck in einer weiteren Behandlungssitzung im Zahn befestigt. Solche eigentlich „laborgefertigten“ Restaurationen können aber auch nach einer Aufnahme des präparierten Zahnes mit einer Mundkamera sofort aus einem Keramikblock gefräst und direkt eingesetzt werden (CAD/CAM-Technologie).

Nahezu alle Defekte können mit ästhetisch ansprechenden zahnfarbenen Restaurationen versorgt werden. Neben der Wiederherstellung zerstörter Zahnhartsubstanz ist es möglich, mit modernen Füllungsmaterialien und -techniken auch Formkorrekturen von Zähnen, zum Beispiel bei freiliegenden Zahnwurzeln, vorzunehmen.

Durch Karies- oder Zahnunfälle kann sich der Zahnnerv entzünden. Eine mögliche Folge ist, dass er abstirbt oder dass der umgebende Knochen sich entzündet. Diese Vorgänge sind die Hauptursachen für heftige Zahnschmerzen. Auch bereits behandelte Zähne mit undichten oder unvollständigen Wurzelfüllungen können Entzündungen des Kieferknochens auslösen.

Durch neue Technologien der Wurzelkanalbehandlung (Endodontie) können wir Zähne heilen und erhalten, die früher als verloren galten. Der Einsatz von Lupenbrillen und Mikroskopen ermöglicht es, präzise zu arbeiten und die Zahnsubstanz zu schonen.

In der Kinderzahnmedizin beschäftigen wir uns mit allen Erkrankungen des kindlichen Gebisses, insbesondere mit Erkrankungen der Milchzähne. Sie werden in ihrer Bedeutung für die Entwicklung des Kindes meist unterschätzt, weil sie bis zum zwölften Geburtstag durch neue Zähne ersetzt werden. Sie sind aber nicht nur Platzhalter für das bleibende Gebiss, sondern von enormer Bedeutung für die Entwicklung der Sprache, der Kaufunktion und das Kieferwachstum. Außerdem haben sie eine wichtige soziale Funktion. Denn wenn Kinder durch Nuckelflaschenkaries die Milch-Frontzähne verlieren, werden sie in Kindergarten und Schule oft gehänselt und leiden in ihrer sozialen Entwicklung.

Im integrativen Lehrkonzept des Departments für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde ist unser Lehrstuhl für Zahnerhaltung, Kinderzahnmedizin und Prävention verantwortlich. Eine Besonderheit ist das präventive Curriculum, das wir gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Parodontologie vom ersten bis zum sechsten Semester anbieten. Hierbei werden in Theorie und praktischen Übungen die Themen Diagnostik, Ergonomie und vor allem Präventivzahnmedizin umfassend abgedeckt. Darüber hinaus ermöglicht dieses Curriculum den Studierenden bereits im ersten Semester, in einer zahnärztlichen Behandlungseinheit miteinander zu üben und so den zahnärztlichen Arbeitsplatz kennenzulernen. Ihren späteren Berufsalltag lernen sie zudem durch Hospitationen in Zahnarztpraxen und Fachabteilungen kennen, und sie assistieren Kommilitonen, die bereits die klinischen Fachsemester erreicht haben. 

Die Präklinik umfasst das erste bis sechste Semester. Hier sind wir für die Lehrinhalte der Zahnerhaltung einschließlich Endodontie und Kinderzahnmedizin verantwortlich. Durch Vorlesungen und praktische Übungen werden hier bereits ab dem ersten Semester diagnostische als auch therapeutische Inhalte vermittelt und praktisch an Phantomeinheiten trainiert. So können wir neben den zahntechnischen und werkstoffkundlichen Lerninhalten die vom Lehrstuhl für zahnärztliche Prothetik verantwortet werden, bereits ab Studienbeginn auch zahnmedizinische Inhalte erlernt und trainiert werden. Zusammen mit dem Curriculum der Präventivzahnmedizin dient dies dazu, dass Studierende sich schon in der präklinischen Ausbildung zahnmedizinisch orientieren können, während die Approbationsordnung eine zahntechnisch geprägte Vorklinik vorsieht.

In der Klinik vermitteln wir vom siebten bis zehnten Semester die Lehrinhalte der Präventivzahnmedizin, Zahnerhaltung, Endodontie und Kinderzahnmedizin im Rahmen des Integrierten Behandlungskurses. Das Besondere an diesem Kurs ist, dass wir über einen Zeitraum von zwei Jahren die Zahnmedizin in ihrer Gesamtheit, vertreten durch die sechs vor Ort vorgehaltenen klinischen Lehrstühle, unterrichtet wird.

Zahnärztliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Fachrichtungen betreuen die Studierenden des Integrierten Kurses. So können sie Patientinnen und Patienten entsprechend ihren Bedürfnissen vom Erstkontakt bis zur vollständigen Sanierung über einen Zeitraum von zwei Jahren behandeln. Dies steht im Gegensatz zur klassischen Ausbildung, bei der nacheinander über jeweils ein Semester streng fachspezifisch unterrichtet wird.

In der Forschung beschäftigen wir uns in erster Linie mit Fragestellungen der Kariesprävention und bearbeiten dieses Feld von den Grundlagen bis hin zu klinischen Studien. Ein Schwerpunkt sind Untersuchungen von Zahnbürsten und Zahnpasten. Für In-vitro-Untersuchungen setzen wir eine individuell entwickelte und gefertigte computergesteuerte Anlage ein, mit der wir Zahnputzsituationen mit verschiedenen Bürsten und Pasten simulieren können.  Erkenntnisse können anschließend in allerdings wesentlich aufwändigeren und langwierigeren klinischen Studien verifiziert werden. Neben Zahnbürsten und -pasten sind auch Produkte zur Fluoridierung sowie antimikrobielle Produkte Gegenstand der Forschung.

Die computergestützte Messstation dient der Bestimmung der Kariogenität, das heißt der  karieserzeugenden Eigenschaften von Lebensmitteln und Getränken. Sie besteht aus einer Art Zahnprothese mit Klammern und einer hochsensiblen Glaselektrode, die den Säuregehalt in den Zahnbelägen während des Konsums von Nahrungsmitteln oder Getränken misst. Die aufgenommenen Messdaten werden aus dem Mund einer Testperson an den zweiten Teil der Messstation – ein Analysegerät und ein Rechner – weitergegeben. Für jede Testperson muss eine Messprothese individuell angefertigt werden. Während des Kauens und eine sowie in der halben Stunde danach  wird gemessen, was sich im Mund verändert.

Die Telemetrie-Station ist von Toothfriendly International, einer Non-Profit-Organisation mit Sitz in der Schweiz, akkreditiert. Weltweit gibt es nur vier dieser Anlagen.

Neben der Forschung geht es bei der pH-Telemetrie vor allem um die Vergabe des Qualitätssignets „Zahnmännchen“. Hersteller, die ihre Produkte mit diesem Logo auszeichnen lassen und damit werben möchten, müssen ihre Lebensmittel und Getränke in einer der akkreditierten Telemetriestationen testen lassen. Das verliehene Logo belegt, dass die getesteten Produkte weder Karies noch Erosionen verursachen.

Neben der Prävention beschäftigen wir uns damit, wie Materialien und Techniken für Zahnfüllungen und Wurzelkanalbehandlungen verbessert werden können. Wir verfügen über verschiedene Methoden von der ersten In-vitro-Testung von Materialien, bei der es um Randdichtigkeit und Bruchfestigkeit geht, bis hin zu klinischen Studien, in denen wir zum Beispiel Überlebenszeiten von Füllungsmaterialien untersuchen.