(Re-)Sozialisierung im Maßregelvollzug

Projektübersicht

Ziel des Maßregelvollzugs (§63 StGB) ist die Resozialisierung, also die Wiedereingliederung, psychisch kranker Straftäter in die Gesellschaft. Dies führt unweigerlich zu der Frage, welche Sozialisation die untergebrachten Personen erfahren und wie diese beeinflusst wird. Hier spielen nicht nur bewusste therapeutische Interventionen eine Rolle, sondern auch das organisatorische Setting. Zudem wird das sozialisierende Milieu in nicht unerheblichem Maße von den finanziellen, rechtlichen und personellen Rahmenbedingungen der Kliniken sowie der gesellschaftlichen Öffentlichkeit beeinflusst.

Der Fokus dieser Studie liegt somit auf der Untersuchung von Maßregelvollzugskliniken unter Einbezug aller darin lebenden und arbeitenden Personengruppen. Um Resozialisierung als organisierten Prozess verstehen zu können, müssen wir die Perspektiven aller an diesem Prozess Beteiligten verstehen lernen.

Das Ziel ist es, erstmals ein wissenschaftlich fundiertes, übergreifendes Bild der Funktionsweise von Maßregelvollzugskliniken zu erstellen. Auf dieser Grundlage kann dann systematisch dargestellt werden, welche Faktoren „Besserung und Sicherung“ positiv wie negativ beeinflussen, was sich in der Praxis bewährt, wo systemische Schwierigkeiten bestehen und wie diese bewältigt werden können. Der enge Kontakt zur und Austausch mit der Praxis soll die Relevanz der Ergebnisse gewährleisten.

Darüber hinaus soll mit dem Projekt ein Beitrag zur Soziologie totaler Institutionen sowie zur Weiterentwicklung der Kontexturanalyse geleistet werden.

Therapeutische Arrangements im Maßregelvollzug: Studien zur Leerstellengrammatik und den Bezugsproblemen in der forensischen Psychiatrie

Auf Basis von Feldforschungen und Interviews in 6 forensischen Kliniken werden die Herausforderungen der Therapie und Resozialisierung im Maßregelvollzug untersucht. Es werden grundlegende Dilemmata der Therapie unter Zwang herausgearbeitet und typische Probleme und Chancen aufgezeigt, die mit Versuch der Normalisierung der Patienten einhergehen. Es wird eine systemische Analyseperspektive gewählt, die den Blick sowohl auf die konkreten Beziehungen wie auch das organisationale Gefüge und seiner gesellschaftlichen Einbettung lenkt.

Lebensqualität(en): Zum Kohärenzgefühl in der forensischen Psychiatrie 

Bedeutet mehr Geld, mehr Sex und mehr Freund*innen gleich mehr »Lebensqualität«? Stellt man diese Frage psychisch kranken Straftätern, die über zehn, zwanzig oder dreißig Jahre in einer geschlossenen Einrichtung verbringen, geraten gängige »Mehr-ist-besser«-Vorstellungen schnell an Ihre Grenzen. Als fruchtbare Alternative entwickelt Martin Feißt einen systemtheoretischen Ansatz im Anschluss an Gregory Bateson, Fritz B. Simon und Aaron Antonovsky, der die (in)stabilen Selbst- und Weltverhältnisse in den Blick nimmt. Lebensqualität ist nun vielmehr eine Frage des Kohärenzgefühls - eine Position, die Wissenschaftler*innen, Praktiker*innen und Interessierte gleichermaßen »fürs Leben« lernen lässt.

Weitere Informationen

  • Laufzeit: 2019 – 2022
  • Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
  • Verantwortlich: Lehrstuhl für Soziologie
  • Wissenschaftliche Mitarbeitende: Martin Feißt, Dr. Till Jansen, Xenia Deilmann-Wansing

Projektleitung