Professur Pflegewissenschaft, Schwerpunkt Kinder und Jugendliche

Förderung: Bundesministerium für Gesundheit (FKZ: 2515ZPK662)

Laufzeit: Juni 2015 – Mai 2017

In Kooperation mit dem Lehrstuhl für Forschungsmethodik und Statistik in der Psychologie

Team: Kristina Barbknecht, Nino Chikhradze, Michael Galatsch, Christiane Knecht

Zusammenfassung: Kinder und Jugendliche als pflegende Angehörige sind Minderjährige, die regelmäßig für ein oder mehrere chronisch kranke Familienmitglieder sorgen, ihnen helfen oder sie pflegen. Studien zum Thema gibt es seit ca. 25 Jahren, und dieses komplexe Phänomen kann mit Blick auf Merkmalsausprägungen, Einflussfaktoren, Bedürfnisse und Bedarfe mittlerweile gut beschrieben und erklärt werden. Es lässt sich jedoch kaum quantifizieren, auch international liegen dazu wenige Daten vor. Ziel dieser Studie war es, Erkenntnisse darüber zu generieren, „wie sich die Situation von Kindern und Jugendlichen als pflegende Angehörige in Deutsch­land darstellt“, um „einen Beitrag zur Entwicklung und Etablierung von Hilfsangeboten für pfle­gende Kinder und Jugendliche [zu] leisten“ (BMG 2014).

Die Studie besteht aus fünf Phasen. Aufbauend auf einem früheren Review wurde in einer systematischen, internationalen Literaturstudie bestehendes Wissen erneut gebündelt, viel­fach bestätigt und um neues Wissen ergänzt (Chikhradze et al. 2017), wobei insbesondere theoretische Modelle und das Thema Bewältigungshandeln hinzugekommen sind. In einer zweiten Phase wurde nach ethischem Clearing eine repräsentative, standardisierte Befra­gung von 6.313 Schüler*innen ab der fünften Klasse (0.51% der Grundgesamtheit) in 44 Schulen in Nordrhein-Westfalen durchgeführt. Die Schüler*innen sind zwischen 10 und 22 Jahre alt (Mittelwert 13,7 Jahre; SD 2,2). Die Prävalenz von Schüler*innen mit Pflegever­antwortung beträgt 6.1%. Davon sind 64% Mädchen. Verglichen mit aktuellen Bevölkerungs­zahlen (Stichtag 31.12.2016) wären somit für die Altersgruppe 10 bis19 Jahre in Deutschland 478.915 und in Nordrhein-Westfalen 95.919 als Kinder und Jugendliche mit Pflegever­antwortung zu bezeichnen. Schüler*innen mit Pflegeverantwortung schätzen ihre gesund­heitsbezogene Lebenserwartung statistisch signifikant niedriger ein als Mitschüler*innen, die zuhause nicht mit Krankheit konfrontiert sind (p= .000). Als dritte Phase wurde eine Synopse über bundesweit bestehende Hilfsangebote für Kinder von Eltern mit chronisch körperlichen Erkrankungen aktualisiert und überarbeitet. Die Synopse erlaubt einen Einblick in die dürftige Versorgungslandschaft mit Fokus auf spezifische Angebote und Projekte für die Zielgruppe und informiert über strukturelle und inhaltliche Besonderheiten von bereits bestehenden Maß­nahmen. In der vierten Phase diskutierten Expertinnen und Experten des Versorgungssystems während eines World Cafés zu strukturellen (Finanzierung, Zugang, Kooperation und Ver­netzung) und inhaltlichen (konkrete Hilfen für Kinder und Jugendliche, konkrete Hilfen für Familien) Aspekten. Diese Diskussionsbeiträge, die einen multiprofessionellen Fokus und damit verbunden eine breite Sicht auf die Problematik erlauben, stellen neben den Ergeb­nissen der vorausgegangenen Projektphasen die Basis für Phase fünf, Rahmenempfehlungen zur Entwicklung, Planung und Durchführung von konkreten Hilfsangeboten dar. Die Studie wurde durch einen Fachbeirat begleitet.

Die Prävalenz von 6.1% liegt über bisherigen Hochrechnungen und macht deutlich, dass das Phänomen Kinder und Jugendliche mit Pflegeverantwortung ein gesellschaftlich relevantes Thema ist, dessen sich auch die Politik verstärkt annehmen muss. Die bekannte Schnitt­stellenproblematik zwischen den unterschiedlichen Sozialgesetzbüchern gilt es zu überwin­den, um Familien in ihrer spezifischen Situation zu unterstützen und zu entlasten.

Der vollständige Abschlussbericht ist hier einsehbar.

Auftraggeberin: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)

Bearbeitungszeitraum: 17.10.2018–25.11.2019

Das Ziel der nationalen und internationalen Literaturrecherche zu Gesundheitsförderungs- und Präven­tionsmaßnahmen bei Kindern und Jugendlichen aus mit Pflegeaufgaben belasteten Familien bestand darin, evidenzbasierte Präventions- und Gesundheitsförderungskonzepte zu identifizieren. Die Präventions- und Gesundheitsförderungskonzepte sollen sowohl verhältnisbezogene Interventionen (auf Rahmenbedingun­gen ausgerichtet) als auch verhaltensbezogene Interventionen (auf Verhaltensänderungen ausgerichtet) um­fassen. Bei der systematischen Literaturrecherche zu Gesundheitsförderungs- und Präventionsansätzen bei Kindern und Jugendlichen aus mit Pflegeaufgaben belasteten Familien stehen Kinder und Jugendliche im Fokus, einschließlich derer, die selbst Pflegeaufgaben übernehmen. Dabei können sich die Pflegeaufgaben in den Familien auf Angehörige beziehen, die mit in der Familie leben, oder auf Angehörige, die außerhalb der Familie (in der eigenen Lebensumgebung, auch in einer Pflegeeinrichtung) leben. Zentrale Fragen waren:

1. spezifischen Belastungen sind Kinder und Jugendliche aus mit Pflegeaufgaben belasteten Fami­lien ausgesetzt?
2. gesundheitsfördernden und präventiven Interventionen für Kinder und Jugendliche aus mit Pflegeaufgaben belasteten Familien können welche Wirkung nachweisen?

1. sind diese Interventionen verortet (z. B. Kindertagesstätten, Schulen, Vereine, freie Träger, Kommunen, Internet-Angebote)?

Der Ergebnisbericht ist hier einsehbar.

1. Annika Bode: Frauengesundheit im Kontext der Vereinbarkeit von Beruf und Familie (gemeinsam mit Prof. Dr. C. Hellmers, Hochschule Osnabrück)
2. Katja Daugardt: Erleben und Bewältigungshandeln von Familien mit einem chronisch kranken Kind oder Jugendlichen im Prozess der Migration (gemeinsam mit Prof. Dr. Dr. h.c. Andreas Büscher, Hochschule Osnabrück)
3. Jürgen Drebes: Angehörige von Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen – ihre Rolle in der ambulanten Versorgung und Möglichkeiten der Begleitung durch professionell Pflegende (gemeinsam mit Prof. em. Dr. Dr. h.c. mult. Ruth Schröck)
4. Sandra Falkson: Erleben und Bewältigungshandeln von Familien häuslich beatmeter Kinder und Jugendlicher (gemeinsam mit Prof. Dr. C. Hellmers, Hochschule Osnabrück)
5. Martina Gießen-Scheidel: Akut respiratorisch erkrankte Kinder und Jugendliche auf einer pädiatrischen Intensivstation – Entwicklung eines familienorientierten Versorgungskonzeptes (gemeinsam mit Prof. Dr. C. Hellmers, Hochschule Osnabrück)
6. Roman Helbig: Pflegerische Versorgung von Menschen mit Körperbehinderung (gemeinsam mit Prof. Dr. Ä.D. Latteck, Hochschule Bielefeld)
7. Daniel Kasel: Karriereentscheidungen zum Berufseinstieg in den Pflegefachberufen. Eine Untersuchung zur Passung, Arbeitszufriedenheit und Motivation von Absolvent*innen der Pflegeausbildung (gemeinsam mit Jun.-Prof. Dr. M. Zupanic, Uni Witten/Herdecke)
8. Katrin Kern: Junge pflegende Angehörige (Young Carers) und junge erwachsene pflegende Angehörige (Young Adult Carers) in Familien mit lebensbegrenzenden Erkrankungen verstehen: Eine hermeneutisch philosophische Horizontverschmelzung (gemeinsam mit Prof. Dr. U. Gaidys, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg)
9. Karin Niessen: Das Erleben von Frauen in sehr fortgeschrittenem Alter im Übergang zur Mutterschaft (gemeinsam mit Prof. Dr. F. zu Sayn-Wittgenstein, Hochschule Osnabrück)
10. Annike Nock: Die Bedeutung von Gesundheitskompetenz chronisch kranker Erwachsener für eine Community Nurse Struktur in einem benachteiligten Stadtquartier. Community Health Nursing in der Stadt: Schließung einer Versorgungslücke in der Primärversorgung (gemeinsam mit Prof. Dr. C. Petersen-Ewert, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg)
11. Maren Roling: Einsicht in die Lebenswelt ehemalig pflegender Kinder und Jugendlicher aus ihrer Perspektive als Erwachsene. (gemeinsam mit Prof. Dr. C. Hellmers, Hochschule Osnabrück)
12. Therese Werner-Bierwisch: Das Erleben von Sicherheit im Kontext der Geburt aus Sicht der Eltern (gemeinsam mit Prof. Dr. C. Hellmers, Hochschule Osnabrück)

1. Anna Rohleder: Erfahrungen von Hausärztinnen und Hausärzten während der Corona- Pandemie in Deutschland und deren Bedeutung für die Rolle der Pflegenden als Akteure in der Primärversorgung (gemeinsam mit Jun.-Prof. Dr. I. Otte, RUB)
2. Nóra Burchardt: Pflegebedarf der älteren Bevölkerung für eine weitestgehende Selbstständigkeit in der eigenen Häuslichkeit unter besonderer Berücksichtigung des Community Health Nursing in der Südstadt von Bonn (gemeinsam mit H. Budroni, UW/H)
3. Elke Sellenschütter-Wittemer: Im Alter selbstbestimmt alleine leben - Bedürfnisse und Bedarfe von über 65- jährigen Bürgerinnen und Bürgern in Bonn Kessenich und Poppelsdorf vor dem Hintergrund von Community Health Nursing als möglichem neuen Versorgungskonzept (gemeinsam mit Dr. J. Söhngen, UW/H)
4. Maren Fries: „stationsäquivalente Behandlung“ (STÄB) von Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen (gemeinsam mit Dr. S. Schoppmann, Basel)
5. Mischa Regenbrecht: Lesben und Pflegebedürftigkeit – Versorgungsgestaltung und Identität (gemeinsam mit H. Budroni, UW/H)
6. Carmen Zoller: Entwicklung eines Schulungsprogramms für Pflegekräfte zur Betreuung von suchtkranken Patienten im Krankenhaus (gemeinsam mit M. Roling, UW/H)
7. Katharina Bierth: Lebenssituation und Unterstützungsbedarfe von young adult carers in Ausbildung/im Studium -  ein scoping review (gemeinsam mit M. Roling, UW/H)
8. Julia Taubitz: "Sinnhaftigkeit in der Pflege - in unterschiedlichen Generationen" (gemeinsam mit Jun.-Prof. Dr. M. Zupanic, UW/H)