Kein Licht am Horizont: Warum der Krieg in der Ukraine weitergeht
Prof. Dr. Nils-Christian Bormann von der Universität Witten/Herdecke analysiert: Solange die Kriegsparteien und ihre Unterstützer unverändert handeln, ist kein Frieden in der Ukraine in Sicht.

Der weitere Verlauf des Krieges in der Ukraine hängt nach Einschätzung des Konfliktforschers Prof. Dr. Nils-Christian Bormann von der Universität Witten/Herdecke (UW/H) entscheidend von den Vereinigten Staaten ab. „Solange die USA die Ukraine militärisch unterstützen, wird der Krieg weitergehen. Putin will nur dann aufhören, wenn er seine Maximalziele erreicht“, sagt Bormann. Dabei gehe es nicht nur um Gebietsgewinne: „Putins Aussagen und Handlungen zeugen davon, dass er die Ukraine als souveränen Staat auslöschen und seinen Einflussbereich nach Westen ausdehnen will.“
Putins Bedingungen für einen Waffenstillstand
Die Ukraine ist zwar zu Verhandlungen bereit, lehnt aber die russischen Forderungen ab. Russland verlangt:
- dass alle besetzten Gebiete als russisch anerkannt werden,
- dass Regionen zurückgegeben werden, die Russland beansprucht, aber nicht kontrolliert,
- den dauerhaften Verzicht auf einen NATO-Beitritt der Ukraine,
- die drastische Einschränkung der ukrainischen Streitkräfte und
- das Ende westlicher Sanktionen.
Ohne militärische Unterstützung aus den USA müsste die Ukraine die territorialen Ansprüche Putins wohl akzeptieren – eine faktische Kapitulation in Etappen.
Auch der Verlauf der Friedensverhandlungen zeigt, dass kein Ende des Kriegs in Sicht ist. Mal gibt es intensive Gespräche, dann ist wieder wochenlang Stillstand. „Ob diese Gespräche Früchte tragen, hängt letztlich auch von den Vereinigten Staaten ab. China hat kein Interesse an einem Waffenstillstand“, betont Bormann. Peking profitiert vom Konflikt: Es kann billige Rohstoffe aus Russland importieren, sieht den Westen in einen teuren Stellvertreterkrieg verstrickt und verschafft sich geopolitischen Spielraum. Ein stabiler Frieden in Europa liegt nicht in Chinas strategischem Kalkül. Donald Trump wiederum will derjenige sein, der den Frieden bringt – aber auch er hat, bis auf Weiteres, eingesehen, dass Putin nicht kompromissbereit ist.
Warum der Frieden noch in weiter Ferne liegt
„Frieden ist nur möglich, wenn für eine Seite die Kosten des Krieges höher werden als die Kosten des Friedens“, erklärt Bormann. In der Ukraine könnte das eintreten, wenn die Bevölkerung kriegsmüde wird und Gebietsverluste akzeptiert. In Russland müssten entweder politische Revolten gegen Putin oder die wirtschaftlichen Belastungen des Krieges den Druck erhöhen.
„Wir sind derzeit nicht auf dem Weg zum Frieden“, bilanziert Bormann. Selbst eine militärische Niederlage der Ukraine wäre kein echter Frieden: „In den besetzten Gebieten werden Kriegsgefangene und Zivilisten gefoltert und getötet.“
Hightech-Waffen als Wendepunkt?
Zu den Faktoren, die den Kriegsverlauf entscheidend verändern könnten, zählen die europäische Rüstungsindustrie und militärische Innovationen der Ukraine. Effektive Langstreckenwaffen, die die Ukraine gerade selbst entwickelt hat, könnten die Kriegskosten für Russland weiter erhöhen und die Wirtschaft empfindlicher treffen als die bisherigen Sanktionen.
Bormann zieht auch eine vorsichtige Lehre für die Zukunft: „Krieg lässt sich vermeiden, wenn man entweder kompromissbereit verhandelt oder militärische Aggression glaubwürdig abschreckt. Abschreckung erfordert nicht nur starke Worte, sondern Verteidigungsbereitschaft: verlässliche Rüstung, politische Geschlossenheit und die Fähigkeit, Angriffe sofort zu vergelten.“
„Ein stabiler Frieden in Europa ist möglich, aber erst nach dem Ende von Putins Herrschaft.“
Fotos zum Download
Ansprechpartnerin

Svenja Malessa
Pressereferentin
Administration | Kommunikation & Marketing
Alfred-Herrhausen-Straße 48
58455 Witten
Raumnummer: 2.F05