Summer School GENESIS-DH: Innovative Lösungen gegen die Gender Data Gap in der klinischen Forschung
Drei Tage, vier interdisziplinäre Teams, ein gemeinsames Ziel: Die Gender Data Gap und die Zusammenhänge zu Digital Health verstehen und verringern.

Die Summer School GENESIS-DH (Gender Equity in Clinical Studies through Innovations and Solutions in Digital Health) brachte vom 16. – 18. September 18 Teilnehmende aus Pflege, Psychologie, Informatik, Medizin, Ethik und angrenzenden Disziplinen an der Universität Witten/Herdecke (UW/H) zusammen. Im Zentrum stand die Frage, wie digitale Technologien genutzt werden können, um die bestehende Gender Data Gap in der klinischen Forschung zu verringern und zu verstehen, in welchen Bereichen die Gender Data Gap gerade durch Digital Health auch verstärkt wird.
Gender Data Gap bei verschiedenen Krankheitsbildern
Die ersten beiden Tage waren vor allem von der Vermittlung von Inhalten zur Gender Data Gap im historischen Verlauf, zu Digital Health, Diversitätsmedizin, partizipativer Forschung und Forschungsdatenmanagement geprägt. Nach Keynotes und Workshops haben die Teilnehmenden in Teams zu den Problemstellungen von vier verschiedenen Krankheitsbildern in Bezug zur Gender Data Gap gearbeitet. Abschließend präsentierten sie ihre Ergebnisse in einer öffentlichen Pitch-Session. Dabei wurden ganz unterschiedliche, praxisnahe Ansätze entwickelt.
- Eine Gruppe arbeitete an der Idee eines Prototyp-Labels für Wearables, das speziell auf die Bedürfnisse schwangerer Frauen eingeht und die bestehenden geschlechterspezifischen Datenlücken in der Versorgung sichtbar macht und schließt.
- Eine zweite Gruppe präsentierte das Konzept einer mobilen Aufklärungskampagne zur kardiologischen Vorsorge, die insbesondere ältere Frauen gezielt anspricht und so auf bisher vernachlässigte Symptome aufmerksam macht.
- Die dritte Gruppe entwickelte eine digitale Aufklärungskampagne zu Autismus-Spektrum-Störungen und Aufmerksamkeitsdefizits-Hyperaktivitäts-Syndrom, die geschlechterspezifische Unterschiede sichtbar macht und so insbesondere Mädchen und junge Frauen besser berücksichtigt.
- Die vierte Gruppe stellte eine geschlechtersensible App-basierte Plattform für Studiendesigns vor, die Frauen mit ME/CFS aktiv in die klinische Forschung einbezieht und damit einer Patient:innengruppe eine Stimme gibt, die bislang oft unsichtbar bleibt.
Die Pitches wurden von einer multidisziplinären Jury bewertet und prämiert.
Künstlerischer Beitrag ist Teil der Abschlusspräsentation
Ein besonderes Highlight war der künstlerische Beitrag „Tunnel-Bingo“ von Julia C. Stamm (Resident Kulturforum Witten), der in Kooperation mit Dr. Regine Ehleiter vom Lehrstuhl für Digitale Künste und Kulturvermittlung entstand und Teil der öffentlichen Abschlussveranstaltung war. Interessierte Mitglieder der Universität waren hierzu ebenso eingeladen wie externe Personen und Bürger:innen. Für das Tunnel-Bingo wurden historische Tunnelkarten mit choreografischen Bewegungsnotationen verknüpft und in ein interaktives Spiel auf dem Vorplatz der Universität verwandelt. So wurde erlebbar, welche Folgen es haben kann, wenn Daten unscharf, fehlerhaft oder voreingenommen sind – eine künstlerische Annäherung an die Gender Data Gap, die die Teilnehmenden zum Nachdenken und Diskutieren einlud. Der abschließende Vortrag der Künstlerin verdeutlichte die Komplexität des Themas.
„Die Summer School hat eindrucksvoll gezeigt, dass interdisziplinäre Zusammenarbeit und kreative Formate wie ein Hackathon die Teilnehmenden vom Wissen ins Handeln bringen können, um die Forschungspraxis nachhaltig zu verändern“, sagt Jun.-Prof. Dr. Theresa Sophie Busse, Juniorprofessur für Digital Health. „Wir brauchen auch diese öffentlichkeitswirksamen Ansätze, um blinde Flecken in der klinischen Forschung zu schließen und gerechtere Gesundheitsversorgung zu ermöglichen“, ergänzt Manuela Malek, Projektmitarbeiterin GENESIS-DH, Juniorprofessur für Digital Health.
Neben den inhaltlichen Ergebnissen wurde die Summer School wissenschaftlich begleitet. Eine Prä-/Post-Erhebung untersucht, wie sich Wissen, Perspektiven und Reflexionsvermögen der Teilnehmenden zum Thema Gender Data Gap und Digital Health entwickelten. Erste Auswertungen deuten darauf hin, dass die Teilnehmenden durch den interdisziplinären Austausch deutlich sensibilisiert wurden und künftig mit geschärftem Blick auf Bias, Datenlücken und digitale Ungleichheiten blicken.
Die Summer School GENESIS-DH wurde vom Bundesministerium für Forschung, Technik und Raumfahrt (BMFTR) gefördert (Förderkennzeichen 01GN2511).




